GeoWerkstatt-Projekt des Monats Juli 2021
Projekt: Schwerefeldbestimmungen durch Laser-Ranging-Interferometrie
Forschende: M.Sc. Mathias Duwe, M.Sc. Igor Koch, Prof. Dr.-Ing. Jakob Flury, Dr.-Ing. Akbar Shabanloui
Projektidee: Bestimmung des zeitvariablen Erdschwerefeldes aus dem Weltall mittels Satellitendaten der Mission GRACE Follow-On, um Aussagen über den Eismassenverlust und den globalen Wasserkreislauf zu machen.
Seit nun fast 20 Jahren laufen die Satellitenmissionen GRACE (Gravity Recovery And Climate Experiment, 2002-2017) und ihre Nachfolgerin GRACE-FO (GRACE Follow-On, seit 2018) und liefern einen wichtigen Beitrag zur Bestimmung des Erdschwerefeldes. Beide Missionen sind nahezu identisch aufgebaut: Zwei Satelliten umkreisen die Erde in einer polarnahen Flugbahn hintereinander mit einem Abstand von 220 Kilometern. Die beiden Satelliten brauchen gerade einmal 1,5 Stunden für eine volle Umkreisung unseres Planeten.
Dabei liefern die Sensoren der Satelliten neben ihrer zentimetergenauen Position (GPS) auch den Abstand zwischen den beiden Satelliten mittels eines Mikrowellen –Messsystems (KBR). Dieser Abstand variiert durch verschiedene Effekte, die auf die Satelliten wirken wie z. B. Gezeitenkräfte, Wassermassen oder auch die Anziehungskraft von Erde und Mond. Über diese Distanzänderungen können Geodäten das Schwerefeld und damit die Gravitation der Erde ziemlich genau rekonstruieren. Durch die lange Missionsdauer ist es möglich, zeitliche Veränderungen des Schwerefeldes zu bestimmen und darüber Massenänderungen festzustellen.
Ein Beispiel für diese zeitliche Veränderung des Schwerefelds ist in Abbildung 1 zu sehen. Hier stechen bestimmte Gebiete farblich ganz besonders heraus, z. B. Grönland. Die dunkelblaue Farbe zeigt hier einen Gravitationsverlust an, der sich direkt auf das Schmelzen des Eises zurückführen lässt. Währenddessen findet im gelb gefärbten Kanada eine Gravitationszunahme durch einen sogenannten Glazial-Isostatischen-Ausgleich statt. Damit ist ein Prozess gemeint, der mehrere 100 oder gar 1000 Jahre andauern wird und bei dem sich Landmassen durch das Abschmelzen von Eis erheben. Auf diese Weise liefert das Schwerefeld globale Informationen über Massenänderungen und damit unmittelbar auch Indikatoren des Klimawandels.
Bei der aktuellen Satellitenmission GRACE-FO ist ein zusätzliches Messinstrument an Bord, das wie das KBR-Messsystem den Abstand zwischen den beiden Satelliten misst. Das Laser-Ranging-Interferometer (LRI) kann die Distanzänderungen jedoch im Nanometerbereich feststellen, während das KBR nur Mikrometer schafft.
Mit Hilfe des LRI werden die Schwerefeldbestimmungen also wesentlich genauer, wodurch sich wiederum auch genauer beobachten lässt, wie sich die Massenverteilung auf der Erde ändert. Während das KBR-Messsystem seit fast 20 Jahren im Einsatz ist, stehen wir mit dem LRI noch am Anfang. Durch die spezielle Sensorcharakteristik hilft uns das LRI neue Phänomene aufzudecken und dadurch die Schwerefeldmessungen zu verbessern. Gleichzeitig werden neue Forschungsgebiete und neue Anwendungsfelder des LRI erschlossen. Das LRI spielt aber nicht nur bei den GRACE-Missionen, sondern auch bei der LISA Mission eine wichtige Rolle: Hier hilft es dabei Gravitationswellen zu detektieren, die unter anderem bei der Fusion zweier supermassiver schwarzer Löcher entstehen.