GeoWerkstatt-Projekt des Monats März 2022
Projekt: Besserer Empfang: Straßenlaternen als GNSS-Monitoringstationen?
Forschende: Johannes Kröger
Projektidee: Bestehende städtische Infrastrukturen nutzen, um Aufgaben des Geomonitorings mittels GNSS wahrzunehmen.
„Kein Empfang“ – Was beim Handy in vielen Fällen nur nervt, kann bei autonom fahrenden Fahrzeugen gefährlich werden: Wenn diese keine Signale von den Satelliten empfangen, mit deren Hilfe sie navigieren, werden sie sich nicht mehr eigenständig im Straßenverkehr zurechtfinden. Der schlechte Empfang tritt vor allem in engen Straßenschluchten und bei dichter Bebauung auf: Die Signale der Global Navigation Satellite Systems (GNSS) kommen dann nicht immer bei den Antennen und Empfängern an oder werden an Gebäuden reflektiert, was eine präzise und genaue Positionsberechnung erschwert. Das betrifft nicht nur das autonome Fahren, sondern auch andere Anwendungen, die GNSS nutzen, wie etwa die Detektion von Bodenbewegungen.
Wer beim Handy keinen Empfang hat, sucht sich häufig einen etwas höher gelegenen Ort, wo der Empfang möglicherweise besser ist. Eine ähnliche Idee haben wir in diesem Projekt untersucht: Warum nicht permanente Stationen mit GNSS-Antennen erhöht auf bestehender Infrastruktur einrichten? Wer sich auf einer Straße umschaut, entdeckt sofort dafür passende Stellen, zum Beispiel auf Straßenlaternen oder auch Litfaßsäulen. Das kann gleich zwei Vorteile haben: Zum einen könnte die Bauhöhe zu einer verbesserten Satellitensichtbarkeit führen, zum anderen stellt die vorhandene Stromversorgung einen permanenten Betrieb der Stationen sicher.
In einer ersten Untersuchung haben wir insgesamt fünf selbst entwickelte, kostengünstige GNSS-Permanentstationen auf verschiedenen Laternen in unterschiedlichen Umgebungen installiert (Abb.1). Die über mehrere Tage hochfrequent aufgenommenen GNSS-Daten jeder Station haben wir analysiert und zwar die Rohbeobachtungen, wie zum Beispiel die Signalstärke, und die Positionsstabilität, die angibt, ob die Position der Station bei den Messungen jeweils sicher bestimmt werden konnte oder ob es große Abweichungen gab.
Wie gut die Satelliten an den jeweiligen Stationen sichtbar waren und wie gut damit deren Satellitensignale empfangen wurden, haben wir in der untenstehenden Abbildung für zwei verschiedene Stationen in einem Skyplot dargestellt. Die Satelitensichtbarkeiten sind nach der Signalstärke eingefärbt (blau zeigt eine niedrige, rot eine hohe Signalstärke an). Zusätzlich ist in schwarz eine Abschattungsskizze eingezeichnet. Diese wurde mit einem 3D-Stadtmodell erzeugt und gibt an, in welchen Bereichen Satelliten sichtbar sind. Außerhalb der schwarzen Umrandungen können für die Station rein geometrisch keine direkten Signale empfangen werden. Signale, die trotzdem dort ankommen, sind entweder reflektierte oder an Häuserkanten gebeugte Signale, die zu Fehlern in der Positionslösung führen können.
Es zeigt sich, dass die Station 1 (links) eine gute Sichtbarkeit mit überwiegend hohen Signalstärken besitzt. Die zweite Station (rechte Abbildung) empfängt die Signale deutlich schlechter: Sie zeigt sichtbare Satelliten außerhalb der Abschattungsskizze an und weist auch niedrigere Signalstärken in der Mitte der Skyplots auf. Woran liegt das? Die erste Station befand sich auf einer hohen Laterne in der Mitte eines Parkplatzes. Dieser Ort bietet sich somit prinzipiell als Monitoringstation an. Die zweite Station stand auch auf einer Straßenlaterne, allerdings zwischen zwei Häuserreihen und neben einem Baum. Eine sehr schwierige Umgebung: Die berechnete Position weicht bei wiederholten Versuchen über die verschiedenen Tage um mehr als 50 Meter ab. Somit kommt diese Straßenlaterne nicht als Monitoringstation in Betracht.
Alles in allem scheinen sich also Straßenlaternen prinzipiell als GNSS-Monitoringstationen zu eignen. Allerdings muss vorab genau untersucht werden, wie sich die jeweiligen Stationsumgebungen auf die GNSS- Messungen verhalten. Liegt eine gute Satellitensichtbarkeit vor, kann eine hohe Präzision der Positionslösungen erreicht werden. In diesem Fall ist der Standort auch geeignet, um Bodenbewegungen zu detektieren.
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