GeoWerkstatt-Projekt des Monats Oktober 2020
Projekt: CORONA – aber kein Virus
Forschende: Karsten Jacobsen
Projektidee: Nutzung alter Satellitenbilder der CORONA-Serie zur sicheren Stadtplanung in Bangladesh.
Bangladesch weist eine anhaltend sehr hohe Urbanisierungsrate auf. So ist die Hauptstadt Dhaka seit 1975 um das 35-fache gewachsen. Neubaugebiete entstehen zunehmend in Niederungen auf mehrere Meter mächtigen künstlichen Sandaufschüttungen, um die Hochwassergefahr zu minimieren. Hinweise auf ehemalige Gewässer und Niederungen werden damit verdeckt. Für die Stadtplanung ist deren ehemalige Lage, die sich seit 1972 stark verschoben hat, jedoch von großer Bedeutung, da ein erhöhter Gründungs- und Konstruktionsaufwand zu erwarten ist, wenn hier gebaut werden soll.
Alte Karten und Luftbilder sind nicht vorhanden, so dass auf amerikanische CORONA-Stereosatellitenbilder aus dem Jahr 1972 zurückgegriffen werden musste, die eine gute Grundlage bilden, um Höhenmodelle und Orthofotos zu erstellen. Orthofotos sind Abbildungen, bei denen perspektivische Versetzungen aus den Aufnahmen herausgerechnet sind, um sie zum Beispiel als Kartenhintergrund für Geoinformationssysteme zu verwenden. Leider ist die Geometrie der gescannten alten Dünnschichtenbilder recht stark verzerrt, so dass ein erhöhter Aufwand erforderlich ist, um systematische Bildfehler zu bestimmen und zu berücksichtigen.
In 48 Jahren hat sich die Landschaft stark verändert. Um nun überprüfen zu können, ob sich an bestimmten Stellen zum Beispiel Gewässer befunden haben, muss man in den alten Bildern zunächst Passpunkte identifizieren. Das sind Punkte im Gelände, die in den Satellitenbildern eindeutig zu erkennen sind und von denen die 3D-Koordinaten bekannt sind (rote Kreise in der Abbildung). Zur Bestimmung der Koordinaten der Passpunkte wurden aktuelle Bilder aus Google Earth verwendet. Insgesamt konnten Orthofotos mit 2 Meter Pixelgröße und einer absoluten Genauigkeit von 10 Metern im zentralen Bereich der Bilder und bis zu 17 Metern an den Bildenden erstellt werden. Mit ihnen werden knapp 25 Prozent der Landesfläche erfasst.
Neben den Orthofotos sind auch die Höhenmodelle der Situation vor 48 Jahren von Interesse. Um diese möglichst genau zu berechnen, reichten die Satellitenbilder nicht aus. Sich leicht von Bild zu Bild ändernde systematische Fehler führten zu nicht akzeptablen Höhenfehlern von bis zu 21 Metern. Aus diesem Grund wurde zusätzlich das frei verfügbare TDM90-Höhenmodell herangezogen, das auf Aufnahmen aus der deutschen Radarmission TanDEM-X beruht. Durch die Anpassung auf das TDM-90-Modell blieben die morphologischen Details des CORONA-Modells erhalten, während die systematischen Fehler beseitigt wurden