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Immobilienbewertung in kaufpreisarmen Lagen

GeoWerkstatt-Projekt des Monats Januar 2020

Projekt: Immobilienbewertung in kaufpreisarmen Lagen durch ein robustes Bayessches Hedonisches Modell

Forscher: Alexander Dorndorf, Hamza Alkhatib

Projektpartner: Professur für Landmanagement des Geodätischen Institutes der Technischen Universität Dresden (Matthias Soot, Alexandra Weitkamp)

Projektidee: Kombination verschiedenen Marktdaten mit einem mathematischen Ansatz zur Verbesserung der Schätzergebnisse von Immobilienwerten.

Eine Fehleinschätzung des Immobilienmarktes kann zu folgenschweren globalen Ereignissen führen. Das Resultat einer solchen Fehleinschätzung wird im Rückblick auf die Immobilienmarktkrise („Subprime Crisis“) in den USA im Jahre 2008 deutlich, die in eine Weltfinanzkrise mündete. Eine bessere Einschätzung kann durch gute Marktdaten geschaffen werden: Werden in einer bestimmten Lage viele Immobilien einer Art gehandelt, so lassen sich die Marktdaten für diesen räumlichen (Lage) und sachlichen Teilmarkt (Art der Immobilie) zuverlässig ermitteln. Das Problem sind sogenannte kaufpreisarme Lagen wie etwa der Teilmarkt der unbebauten Grundstücke in Innenstadtlagen oder Dörfer in strukturschwachen Regionen. Hier fallen zu wenige Transaktionen an, um mit dem klassischen mathematischen Ansatz, der multiplen linearen Regression, Marktdaten abzuleiten.

© GIH
Abb. 1: Schematische Darstellung der zur Verfügung stehenden Daten und der Problemstellung im Forschungsprojekt.

Das Ziel dieses Forschungsprojekts ist es, einen mathematischen Ansatz zur Ableitung der Marktdaten in kaufpreisarmen Lagen zu entwickeln. Bei der klassischen Methode wird der Kaufpreis einer Immobilie ihren wertbeschreibenden Merkmalen (z. B. die Wohnfläche, Baujahr, Grundstücksgröße, Lagequalität) gegenübergestellt. Theoretisch kann das aufgestellte Gleichungssystem gelöst werden, wenn genauso viele Kauffälle existieren wie verwendete Merkmale. In der Praxis ist keine Immobilie zu 100 Prozent mit einer anderen identisch, daher werden pro Merkmal mindestens 15 Kauffälle benötigt, damit das Ergebnis zuverlässig interpretierbar ist. So werden bei sechs Merkmalen schon mindestens 90 Kauffälle benötigt. Dies führt zu einer Herausforderung in kaufpreisarmen Lagen, in denen nur 20 bis 30 Kauffälle vorhanden sind.

Bei unserem Ansatz bringen wir daher zusätzliche Marktdaten in die Gleichung ein: Angebotsdaten und Expertenwissen. Die Angebotsdaten hat Immobilienscout24 zur Verfügung gestellt, das Expertenwissen wurde aus einer Befragung des zuständigen Gutachterausschusses für Grundstückswerte gewonnen.

Diese Daten sollten nun mit den vorhandenen Kauffällen optimal kombiniert werden. Die Kauffälle und Ergebnisse der Expertenbefragung zeigten eine gute Übereinstimmung. Die Angebotsdaten unterschieden sich jedoch von diesen beiden Datensätzen. Die Ursache hierfür kann neben der fehlenden Kenntnis des Grundstücksmarktes auch auf unterschiedliche Angebotsstrategien (Einstellen höherer Preise zu Verhandlungszwecken) zurückgeführt werden.

Die Frage war nun, wie diese unterschiedliche Qualität der Datensätze im mathematischen Modell berücksichtigt, also gewichtet werden soll. Ein höheres Gewicht für einen Datensatz bedeutet, dass diese Daten das Ergebnis stärker beeinflussen als die restlichen Datensätze. Wenn alle drei Datensätze identische Gewichte haben, hat jeder Datensatz einen Einfluss von ein Drittel auf das Ergebnis. Eine Alternative zu einer identischen Gewichtung ist die mathematische Schätzung der Gewichte nach einem Optimalitätskriterium, wie z. B. der sogenannten Varianzkomponentenschätzung (VKS).

© GIH
Abb. 2: Ergebnis aus 100.000 Untersuchungen für zwei unterschiedliche Gewichtungsansätze. Blau: Berechneter RMSE (Root Mean Square Error) aus allen zur Verfügung stehenden 250 Kauffällen. Rot: Berechneter RMSE bei einer gleichen Gewichtung der Angebotsdaten, der Kauffälle und des Expertenwissens. Die Anzahl der Kauffälle wurde auf 30 Stück künstlich reduziert. Grün: Berechneter RMSE für eine optimierte Gewichtung zwischen den Datensätzen mit der Varianzkomponentenschätzungs-Methode.

Um zu untersuchen welcher Ansatz für die Gewichtung der Daten besser geeignet ist, wurde im Projekt ein Teilmarkt mit 250 Kauffällen von Ein- und Zweifamilienhäusern verwendet. Dadurch war es möglich, die Marktdaten in diesen Teilmarkt mit einer ausreichenden Güte auch allein auf Basis der Kauffälle zu schätzen und den durchschnittlichen Schätzfehler (Root Mean Square Error (RMSE)) zu bestimmen. Da der verwendete Teilmarkt mit 250 Kauffällen keiner kaufpreisarmen Lage entspricht, wurde für die Berechnung mit den Gewichtungsansätzen die Anzahl der Kauffälle auf 30 Stück reduziert. Diese 30 zufällig gezogenen Kauffälle wurden anschließend mit den Angebotsdaten und Kauffällen kombiniert. Das Ergebnis ist in Abb. 2 dargestellt. Es ist zu erkennen, dass die RMSE von den Gewichtungsansätzen (grünes und rotes Histogramm) im Durchschnitt ca. 10 €/m2 größer als die RMSE der Kauffälle sind (blaues Histogramm).

Die ermittelten Abweichungen in den „simulierten“ kaufpreisarmen Lagen sind nahezu identisch mit den Ergebnissen für einen Teilmarkt mit ausreichend Kauffällen. Das Schätzergebnis in kaufpreisarmen Lagen konnte also mittels weiterer Datensätze verbessert werden und damit das Hauptziel des Projekts erreicht werden. Bei den unterschiedlichen Gewichtungsmethoden weisen die Ergebnisse allerdings keinen signifikanten Unterschied auf. In zukünftigen Projekten ist daher zu untersuchen, ob eine andere Vorgehensweise für die Gewichtung der verschiedenen Marktdaten sinnvoller ist.